Klimawandel, Rohstoffknappheit, zunehmend eingeschränkte Staatsfinanzen sowie steigende gesellschaftliche Anforderungen an Wasserschutz, Erholung und Naturschutz verlangen stabile und produktive Wälder. Die Anforderungen der Gesellschaft an einen multifunktionalen Wald unter sich ändernden Umweltbedingungen erfordern moderne jagdliche Rahmenbedingungen, die die Erfordernisse des Waldumbaus als Jahrhundertaufgabe berücksichtigen.
Historisch bedingt dominieren in Sachsen instabile Altersklassenwälder aus Nadelhölzern mit einem hohen Betriebrisiko. Der Waldumbau in stabile Wälder ist erklärtes Ziel des Sächsischen Waldgesetzes. Neben vielen positiven Ansätzen zur Wildbestandesregulierung muss eingeschätzt werden, dass der Waldumbau in weiten Teilen Sachsens an stark überhöhten Schalenwildbeständen scheitert (Siehe Darstellung Verbiss- und Schälgutachten 2010).
Zudem hat die zukünftige demografische Entwicklung auch in Sachsen Auswirkungen auf die Jäger. Sie werden älter und weniger.
Die bisherige Jagdgesetzgebung steht somit im Widerspruch zu den Zielen des Waldgesetzes im Sinne einer nachhaltigen und zukunftsorientierten Forstwirtschaft (Definition „Hege“ sollte die Erhaltung der Wildart und die Lebensraumverbesserung beinhalten! Derzeit wird unter Hege in erster Linie die Fütterung und Jagdruhe verstanden. Es ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der definiert werden muss).
Notwendig wäre eine echte Modernisierung der Gesetzgebung, die eine effektive Bejagung, mit dem Ziel der Bestandesabsenkung, des verbeißenden Schalenwildes erlaubt, die Belange der Grundeigentümer und der Gesellschaft in den Vordergrund stellt und die Ziele der Jägerschaft entsprechend unterordnet (d. h. alle Hemmnisse für eine effektive Bejagung, wie das Nachtjagdverbot auf bestimmte Wildarten, die Nutzung von technischen Hilfsmitteln, wie z. B. Nachtsichtgeräte, sollten aufgehoben werden).
Der Wald mit seinen vielfältigen positiven Wirkungen aus ökologischer Sicht als Lebensraum für eine Vielzahl von Pflanzen und Tieren, als Rohstofflieferant, Wasserspeicher, Erholungsort und seiner Gefährdung im Rahmen des Klimawandels sollte vom Gesetzgeber eine Vorrangfunktion gegenüber jagdlichen Interessen erhalten.
Dies ist notwendig, da private Eigentümer und auch der Staat als Waldbesitzer jährlich enorme finanzielle Mittel in die Waldverjüngung investieren. Große Teile dessen werden, bedingt durch überhöhte Schalenwildbestände, vernichtet. Zum Schutz werden hohe Summen in Zäune und chemische Mittel investiert (Durchschnitt 2006-2010 im Staatswald 13,- €/a/ha bei 250 000 ha sind das 3,25 Mio €, dazu kommen noch jährliche Verluste durch Umstufungen von rotwildgeschältem Holz in minderwertige Sortimente von ca. 8 Mio. €/a alleine im sächsischen Staatswald). Dieses Geld ist in höchstem Maße unproduktiv und könnte zusätzlich und zukunftsorientierter in den Waldumbau investiert werden. Ein niedriger, angepasster Wildbestand ist demnach nicht nur wichtig für die Entwicklung stabiler Mischwälder, sondern hat auch volkswirtschaftlich eine hohe Bedeutung.
Der Klimawandel und die erforderliche Anpassung der Wälder durch den Waldumbau erfordern Aktionismus und lassen uns keine Zeit den Belangen der Jagdlobby nach Bestandesaufbau der Schalenwildarten nachzugeben!
Daraus ergeben sich folgende Schlussfolgerungen:
- Keine Aufhebung der Schalenwildgebiete, anderen Falls wird sich das Rot, Dam- und Muffelwild wieder im gesamten Land ausbreiten, vor allem in den Waldumbauschwerpunkten der unteren und mittleren Gebirgslagen. Die Folge werden die hohen Verbiss- und Schälschäden, wie sie aus den 70’er bis Mitte der 90’er Jahre bekannt sind, wieder auftreten.
Begründung: Außerhalb der heutigen Schalenwildgebiete ist Schalenwild (Rot-, Dam- und Muffelwild) ohne Abschussplanung zu schießen. Werden die Schalenwildgebiete aufgehoben, ist für jedes Schalenwild ein Abschussplan für jeden Jagdbezirk nach den derzeitigen Hegerichtlinien aufzustellen und der unteren Jagdbehörde vorzulegen. Abschusspläne sind nach einen festgelegten Schlüssel für weibliches und männliches Wild und nach Altersklassen zu erstellen. Sie sind derart bürokratisch und auf kleiner Jagdfläche unrealistisch, weil sich Schalenwild nicht überall und in der gleichen Verteilung aufhält, dass sie dazu führen, dass der Wildbestand ansteigt und die Bürokratie zunimmt.
Bevor die Schalenwildgebiete aufgelöst werden, sollte sachsenweit nachgewiesen werden, dass unter den derzeitigen Rahmenbedingungen (Hegerichtlinie, Abschussplanung) waldangepasste Schalenwildbestände, wie sie im Waldgesetz gefordert werden, erreicht werden können. Das ist derzeit in Sachsen weder im Staatswald noch im Privatwald auf großer Fläche der Fall, obwohl das Waldgesetz bereits 20 Jahre bestand hat.
Sowohl die Abschusspläne als auch die Hegerichtlinien entstammen dem Gedankengut aus dem Dritten Reich, sie sind damals ausdrücklich entwickelt worden, um die Wildbestände aufzubauen.
Sollte es dennoch zu einer Aufhebung der Schalenwildgebiete kommen, so sind zwingend die Abschussplanungen und Hegerichtlinien aufzuheben (unbedingt beim Rehwild) oder drastisch zu vereinfachen (z.B. Abschuss nur nach Stückzahl und nicht noch zusätzlich nach Altersklassen).
Grundsätzlich sind der Großteil der Jäger in Sachsen mit der Reduktion der Schwarzwildbestände so beschäftigt, dass ihnen niemand ernsthaft zumuten kann, auch noch eine Rot-, Dam- und Muffelwildausbreitung unter den Bedingungen der Abschussplanung und Berücksichtigung der Hegerichtlinien zu regulieren.
- Keine Stärkung der Hegegemeinschaften. Es wird seitens der Jägerschaft angestrebt, den Rotwildhegegemeinschaften wesentlichen Einfluss auf die Gestaltung der Abschusspläne innerhalb der Schalenwildgebiete zu übertragen. Diese hoheitliche Aufgabe darf nicht von den unteren Jagdbehörden bzw. vom Staatsbetrieb Sachsenforst auf die Rotwildhegegemeinschaften übertragen werden! Die Vertreter der Hegegemeinschaften sind Jäger, sie vertreten ihre eigenen Interessen, z.B.: Gewährleistung hoher Wildbestände und einer großen Anzahl von Trophäenträgern. Hegegemeinschaften haften juristisch nicht für Schäden an fremdem Eigentum. Sie berücksichtigen nicht die Interessen der Grundeigentümer. Grundeigentümer sind in den Gremien auch nicht vertreten. Sie müssen jedoch die Folgen und Kosten hoher Wildbestände tragen.
- Keine Aufgabe der Verbiss- und Schälgutachten. Die Gutachten belegen regelmäßig, dass der gesetzlich geforderte Zustand, wonach sich die Hauptbaumarten natürlich verjüngen und keine wesentlichen Schälschäden auftreten sollen, durch die Jägerschaft im Wesentlichen nicht erfüllt wird. Durch diese unabhängigen Gutachten hat der Grundeigentümer eine Chance seine Ansprüche gegenüber der Jägerschaft zu untermauern. Die unteren Jagdbehörden sollten, anstatt die Gutachten wegzulassen, die Abschusspläne erhöhen und deren Umsetzung durchsetzen. Das Gutachten sollte ständig qualifiziert werden.
- Keine Verkürzung der Jagdzeit auf Rot- und Rehwild. Unter dem Deckmantel des Tierschutzes wird seitens der Jägerschaft angestrebt, die Jagdzeiten einzuschränken, vor allem in den Wintermonaten Januar und Februar. Dies sind die Monate, in denen das meiste Schalenwild gestreckt wird. Werden die Jagdmonate im Winter gestrichen, ist die notwendige Reduktion der Wildes nicht zu erreichen, da Rotwild eine Wildart mit starken jahreszeitlichen Wanderungen ist. Was auch Ziel der Jagdzeiteinschränkung ist. Die Zahl des Rotwildes ist in Sachsen nach wie vor zu hoch! Die Behauptung, es fände eine genetische Verarmung statt und das Rotwild sei vom Aussterben bedroht, ist falsch. Auch wenn sie durch Projekte von der Forstfakultät der TU Dresden Abt. Jagd- und Wildtiermanagement scheinbar gestützt wird. Hier scheint es ausschließlich darum zu gehen, den Rotwildbestand und dessen Verbreitung wieder zu steigern. Die Forderung decken sich mit denen der Deutschen Wildtierstiftung, einer Lobbyistenvereinigung mit unwissenschaftlichem Hintergrund.
- Verlängerung der Jagdzeit auf männliches Rehwild auf den 31.01. Bislang endet die Jagdzeit auf Rehböcke am 16.10., da die männlichen Rehe ab Mitte November die Gehörne abwerfen, ist die Geschlechteransprache schwierig. Somit schießen die meisten Jagdausübungsberechtigten ab dieser Zeit keine Rehe mehr, aus Angst eine Ordnungswidrigkeit zu begehen und innerhalb der Jägerschaft als schlechte Vorbilder geächtet zu werden. Auch notwendige Bewegungsjagden (Drückjagden) sind ineffektiv, da Rehwild aus vor genanntem Grund kaum beschossen wird. Dies führt dazu, dass der Rehwildbestand kaum abgesenkt wird und hat gravierende Einflüsse auf die Waldentwicklung, denn das Reh verbeißt die Verjüngung und verhindert somit den natürlichen und künstlichen Waldumbau.
Was für den Landwirt das Wildschwein, ist in seiner Wirkung für den Waldwirt das Reh!
- Abschaffung der Abschussplanung für Rehwild. Um den Bestand effektiv zu senken, muss es möglich sein das Rehwild zu schießen, wenn es gesehen wird. Für das Schwarzwild gilt eine derartige Regelung seit Jahren. Heute käme niemand auf die Idee die Einführung der Abschussplanung für Schwarzwild zu fordern. Die Abschaffung der Rehwildplanung wäre ein sinnvoller Bürokratieabbau.
- Abschaffung der Trophäenschauen (Hegeschauen). Das Vorlegen abgekochter Schädel männlicher Tiere ist nicht zeitgemäß. Es folgt genetischen Ansichten aus den 30’er Jahren, wonach die Ausbildung des Gehörns oder Geweihs Rückschlüsse auf den genetischen Zustand einer Population gäbe. Nunmehr ist es aber bekannt, dass genetische Anlagen nicht nur vom männlichen Tier kommen … Außerdem kann von der Ausprägung der Trophäen keinerlei Rückschluss auf die Konstitution des Wildes gezogen werden. In den meisten Kreisen sollen, z.B.: die Unterkiefer nicht mehr vorgelegt werden. Dies macht die Pflichtveranstaltung noch absurder, da man ohne Zahnabschliff nicht einmal das Alter abschätzen kann. An der Trophäe kann man es nicht! Man sollte diese Traditionsveranstaltungen nur noch auf freiwilliger Basis im Rahmen der Jagverbände machen. Die Konstitution des Wildes wird wesentlich durch das Äsungsangebot und durch die Populationsdichte bestimmt. Je struktur- und artenreicher der Lebensraum ist, desto besser sind die Äsungs- und Deckungsbedingungen und je geringer die Populationsdichte, umso kräftiger ist das Wild. Da die Tiere durch geringeren innerartlichen Stress mehr Zeit zur Nahrungsaufnahme haben. Zudem werden die Trophäenschauen durch die Teilnahme des Landeswaldes mit Steuergeldern finanziert, was in Zeiten knapper Kassen sehr zweifelhaft ist.
- Einschränkung der Wildtierfütterung auf behördlich angeordnete atypische Notzeiten. Es ist nicht nachvollziehbar warum einzelne Tierarten wie Reh- und Rotwild gefüttert werden und andere wie Fuchs, Greifvögel oder Schwäne nicht. Wildtiere haben über Jahrtausende Anpassungsstrategien gegen Frost und Schnee entwickelt. Eine Fütterung unterdrückt die natürlichen Wanderbewegungen des Wildes und führt nur zu höheren Wildbeständen und somit zu erhöhten Schäden an Feld- und Forstkulturen. Fütterung verhindert natürliche Auslese und macht Wildtiere zu Haustieren. Fütterung führt nachweislich zu erhöhten Schäden am Wald.
„Notzeit“ muss an objektiven, höhenlagenspezifischen Kriterien definiert sein, dabei ist nicht nur die Verfügbarkeit der Bodenvegetation sondern auch das Angebot an Strauch- und Baumarten über dem Schnee zu berücksichtigen.
- Als Argumentationsgrundlage wird empfohlen das Wald – Wild – Gutachten, welches vom Deutschen Forstwirtschaftsrat, der Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft und dem Bundesamt für Naturschutz in Auftrag gegeben wurde, zu verwenden (siehe www.anw-deutschland.de). Man könnte gegebenenfalls die Autoren oder Auftraggeber einladen und berichten lassen.
- Einführung moderner Jagdmethoden entsprechend weiter entwickelter technischer Möglichkeiten. Durch moderne Optik ist es heute möglich, Wild auch in der Dunkelheit genau zu erkennen und zu erlegen. Was für das Schwarzwild selbstverständlich ist, sollte auch für alle anderen Schalenwildarten gelten. Wenn die Jagd nicht ausschließlich trophäenorientiert ist, kann Wild auch bei guten Sichtverhältnissen (Schnee, Mond) in der Nacht erlegt werden. Nachtjagdverbote auf Rotwild im Wald, wie im Gesetzesentwurf vorgesehen, erschweren die Bejagung und führen zu höheren Wildbeständen.
- Einführung effektiver Jagdzeiten. Vom LJV wird gefordert, die Jagdzeit zu verkürzen und mehr Ruhezonen einzurichten. Dabei spielt immer wieder das Rotwild eine Sonderrolle. Völlig absurd sind die Vorstellungen, die Jagd auf Rotwild im Winter zu unterbinden, aber gleichzeitig die anderen Schalenwildarten und das Raubwild weiter zu bejagen. Die bei der Bejagung des übrigen Wildes auftretende Beunruhigung betrifft dabei unweigerlich auch das Rotwild, weil jetzt schon und bei eventueller Aufhebung der Schalenwildgebiete noch verstärkt die Wildarten auf ein und derselben Fläche leben.
Daher ist es nur folgerichtig Jagdzeiten für alles Wild und Schonzeiten für alles Wild einzuführen.
Hier bietet das „Hatzfeld-Modell“ als zielorientiertes Konzept unter Leitung Prof. Müller aus Tharandt eine geeignete Diskussionsgrundlage. (z. B. Jagdzeit auf alles Wild außer Muttertiere 1.4. – 30.6. und 1.9. – 31.1., in der restlichen Zeit ruht die Jagd, kann aber zur Unterbindung von starken Wildschäden beantragt werden. Damit wird auch die tierschutzrelevante Setz- und Aufzuchtzeit als Ruhezeit berücksichtigt.
- Weiterhin wird eine umfassende Darstellung der Problematik im Rahmen einer Waldexkursion im Forstbezirk Eibenstock oder bei einem Privatwaldbesitzer (z.B. Baron Rotenhan- Oberwald Hohenstein-Ernstthal) empfohlen.