von Marcel Thomae, Thomas Rother, Martin Schubert und Clemens Weiser
Ein Blick über den Tellerrand bildet – und hilft, festgelegte Vorstellung zu überdenken. So ging es vielleicht manchem der 55 Teilnehmer an der gemeinsamen Exkursion des sächsischen Forstvereins (SFV) und der Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaftung Landesgruppe Sachsen (ANW) in den brandenburgischen „Kiefernbetriebsteil Massow“ der privaten Hatzfeldt-Wildenburg`schen Forstverwaltung. Der Blick über die Landesgrenze in den Landkreis Dahme – Spreewald bot sich bei den aktuell im Landeswald (FoB Taura, FoB OL und BROHT) anstehenden Forsteinrichtungen geradezu an.

Herr Dr. Straubinger stellt die Kennzahlen und Betriebsziele in Massow vor.
Auf der Exkursion führten uns Herr Dr. Franz Straubinger als Chef der Hatzfeld – Wildenburg`schen Forstverwaltung und Revierleiter Mark Illerich, auf die gewohnt kurzatmig und begeisternde Art und Weise.
Bei Kaffee und Brezen gab Dr. Straubinger gab zunächst einen Einblick in Betriebsziele und Zahlen des seit 2001 angekauften und mittlerweile etwa 6.700 ha großen, kieferngeprägten (97 Prozent der Oberstandsfläche, arme bis ziemlich arme Standorte) Betriebsteiles. In diesem arbeiten ein Revierleiter, zwei Waldarbeiter und eine Angestellte für Holzverkauf und Buchführung. Zusätzliche Unterstützung im Bereich der Verwaltung wird durch die Zentrale im rheinland – pfälzischen Schönstein gewährleistet.
Betriebliche Zielstellung des Eigentümers ist eine konsequente Produktion von starkem Sägeholz. Verjüngungsmaßnahmen sollen auf dem Großteil der Fläche durch Naturverjüngung erfolgen. Standörtlich differenziert sollen durch Pflanzung Alternativbaumarten eingebracht werden, die künftig über Naturverjüngung zur Verschiebung der Baumartenanteile weg von der dominierenden Kiefer – und damit zur Risikostreuung – beitragen sollen. Auf Wildschutzmaßnahmen (Zäunung, mechanischer oder chemischer Einzelschutz) soll im Kernbereich verzichtet werden. Der Betrieb ist vollflächig nach den Kriterien des FSC zertifiziert. Damit einher gehen auch naturschutzfachliche Anforderungen: Totholz soll generell nicht genutzt werden, Bäume mit hohem Habitatwert werden als „Bäume für die Ewigkeit“ dauerhaft markiert und der Nutzung entzogen.
Für Massow liegt bereits die zweite Betriebsinventur auf Stichprobenbasis vor und erlaubt dadurch Rückschlüsse auf die Auswirkungen des waldbaulichen Handelns. Durch intensive Pflegemaßnahmen wurden insbesondere in den Anfangsjahren die massiven Durchforstungs- und Feinerschließungsrückstände abgebaut und in Summe auch der Gesamtvorrat im Betrieb abgesenkt. Der erntekostenfreie Wert des stehenden Holzvorrates hat sich gleichzeitig aber erhöht, da sich die Sortimentsstruktur vom Industrie- zum Sägeholz verschoben hat. Die Bewirtschaftung erfolgte konsequent im Hiebsblocksystem, mit im Durchschnitt fünfjährigem Umlauf. Das waren pro Jahr etwa 1350 ha zu bearbeitende Holzbodenfläche. Großflächige Kiefernbestände im beginnenden Jungdurchforstungsstadium werden konsequent geastet (ca. 80 Kiefern/ha). Die Waldeinteilung orientiert sich insbesondere an der mittelfristigen Planung – kleine Bestände wurden zu großflächigen, vergleichbaren Behandlungseinheiten zusammengefasst. Im ersten Jahrzehnt wurden pro Jahr etwa 60.000 Erntefestmeter (Efm) Holz eingeschlagen, für das kommende Jahrzehnt ist ein Hiebssatz von etwa 24.000 Efm pro Jahr geplant. Kahlschläge oder Räumungen werden seit dem Erwerb durch die Hatzfelt-Wildenburg’sche Verwaltung nicht mehr geführt. Auch die Kiefer wird im Femelbetrieb (mit standörtlicher Differenzierung) bewirtschaftet. Bei der Diskussion über die erforderlichen Nachlichtungen für die durch Kiefer bestimmte Verjüngung wurde schnell klar, dass auch in Zukunft stetige Holznutzungen generiert werden und der Betrieb keinesfalls in ein „Nutzungsloch“ fällt und damit in ein Nachhaltigkeitsproblem läuft.

Drückjagdbockparade: Effektive Jagdausübung ist eines der Kernziele.
Von Anfang an wurde konsequent gejagt und mittlerweile eine waldverträgliche Wilddichte erreicht. In Kombination mit ergänzenden, einzelbaumweisen Voranbauten (Lärche, Douglasie, Tannenarten) und der Installation von Häherkästen zur natürlichen Verbreitung und Verjüngung der Traubeneiche, konnten bereits Verjüngungsvorräte auf einem Drittel der Fläche etabliert werden. Zäune werden hier nicht benötigt. Es erstaunte die Teilnehmer, wie sich auch die Kiefer natürlich verjüngt, wenn die Wildbestände an den Lebensraum angepasst sind. Dennoch werden einzelne Eichen in aufwachsenden Kiefernnaturverjüngungen immer noch verbissen, was uns auf der Exkursion auch gezeigt wurde.
Für die Erreichung derartiger Erfolge in – für forstliche Abläufe – kurzen Zeiträumen wurden alle Abläufe hin zu einer Identifizierung aller Beteiligten mit den Betriebszielen optimiert. Zwei Beispiele sollen dies verdeutlichen:
1.) Jagdbegehungsscheine werden nur unentgeltlich an Jäger vergeben, die die Ziele des Betriebes mittragen. Diesen werden nach ihrer individuellen Leistungsfähigkeit verschieden große Pirschbezirke zugeteilt, in denen natürlich aber auch gemeinsam gejagt wird. Die Begehungsscheininhaber erfahren ganzjährig ein entsprechend motivierendes Umfeld mit Exkursionen, intensiver Einbindung in die Jagdorganisation, Schießkinobesuche, Grillfeste, Drückjagden in anderen Betriebsteilen usw. und merken dadurch, dass ihr Einsatz gebraucht und wertgeschätzt wird. Die „gemeinsame Jagd“ wird nicht nur als Parole ausgegeben, sondern auch von allen beteiligten Jägern gelebt. Zudem wird eine offene Kommunikation mit benachbarten Jägern gepflegt.
2.) Der Holzeinschlag und alle Pflegearbeiten, die nicht durch die eigenen Forstwirte abgedeckt werden können, werden durch ortsansässige Unternehmen realisiert, die ebenfalls langfristig ans den Forstbetrieb gebunden werden. Die Vorteile und Freiheiten eines Privatforstbetriebes bei der Vergabe von Betriebsarbeiten wurden sehr deutlich beschrieben. Der Waldeigentümer zahlt – nach eigener Angabe – einen höheren Preis pro abgearbeiteter Mengeneinheit als umliegende Kiefernbetriebe. Die Unternehmer haben dadurch natürlich höchstes Interesse, auch langfristig im Betrieb zu arbeiten und führen die Tätigkeiten schonend und mitdenkend aus. Die Unternehmen, die Pflegearbeiten ausführen, pflanzen im kommenden Jahr auch die Voranbauten in die verjüngungsfreien Bereiche, die sie sich bereits bei den Pflegearbeiten notiert haben und dem Revierleiter zur Bestätigung übermitteln.

Das Resultat sind Verjüngungsvorräte (nicht nur Kiefer) soweit das Auge reicht ab dem ausgehenden Stadium der Jungdurchforstung.
Unser großer Dank gilt Dr. Franz Straubinger und Mark Illerich, die sehr eindrucksvoll aufzeigten, wie klar formulierte, wirtschaftlich orientierte Eigentümerziele durch strategische Betriebsführung und vor allem durch die Beachtung sozialer Aspekte zum Erfolg führen. „Unser Ziel ist es nicht, kurzfristig schwarze Zahlen zu erzeugen. Wir möchten nachhaltig grüne Zahlen schreiben“, konstatierte Dr. Straubinger in seinem Abschlusswort.
Eine absolut lohnenswerte Exkursion, die erstmals im Verbund von SFV und ANW durchgeführt wurde und das Interesse „aller Altersklassen im Verlauf der Plenterkurve“ erzeugte.