Rückblick Waldbauwochenende der ANW-Hochschulgruppe im Revier Unger 18.-20.03.2022

Am Freitag, den reisten wir, eine Gruppe von 10 Studierenden aus den ANW-Hochschulgruppen Tharandt, Erfurt und Eberswalde, am Abend zu der idyllisch gelegenen Forsthütte auf dem Ungerberg nahe Neustadt in Sachsen an. Wir ließen dort den Abend gemütlich am Lagerfeuer ausklingen.

Wir begannen am frühen Samstagvormittag im Landeswald nahe Polenz. Das Ziel war es, ein geeignetes Wiederbewaldungskonzept für die kahlgefallenen Flächen zu ergründen. Dafür betrachteten wir den Ist-Zustand mittels einer stichprobenartigen Aufnahme der Bodenvegetation und der Verjüngung, einer Betrachtung von potentiellen Samenbäumen und einer Aufnahme der standörtlichen Gegebenheiten. Daraus leiteten wir für die einzelnen Flächen die waldbauliche Zielstellung in Form des Waldentwicklungstyps sowie das mittel- und langfristige waldbauliche Vorgehen anhand der gängigen Vorschriften des Sachsenforstes ab.
Mittags wurden wir mit einem Gulasch verköstigt. Um nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch tätig zu werden, führten wir eine kleine Pflanzaktion durch, bei der wir Winter-Linden in Form eines Peace-Symbols auf die Freifläche setzten. Diese Art der körperlichen Ertüchtigung ist immer gerne gesehen. Im Anschluss besichtigten wir eine weitere Landeswaldfläche, welche bereits vor einem Jahrzehnt weitgehend kahlgefallen ist. Wir bestaunten die Baumartenvielfalt der bereits etablierten Verjüngung und beurteilten sie auf ihr Potential und ihre Nähe zum vorliegenden Waldentwicklungstyp hin. Daraufhin führten wir selbige Aufnahmen in dem naheliegenden Privatwald der Familie Erdmann, welcher an der Verbindungsstraße zwischen Polenz und Cunnersdorf liegt, durch, mit dem Ziel, bei der Waldführung am Folgetag den Interessierten kompetente Handlungsvorschläge aufzeigen zu können.
Gegen Abend werteten wir die aufgenommenen Daten gemeinschaftlich bei Kaffee und Kuchen in der Ungerhütte aus. Wir diskutierten die erarbeiteten Konzepte und fertigten eine Kostenkalkulation für die geplanten Maßnahmen an. Dabei bekamen wir eine Einweisung in die Förderung von Privatwäldern durch Sebastian Schiffel.

Am Sonntag fand schließlich die zuvor öffentlich ausgeschriebene Waldführung statt. Eine große Gruppe von circa 40 interessierten Waldbesitzer:innen und Vertreter:innen der örtlichen Jägerschaft erwartete uns. Wir stellten gemeinschaftlich unsere erarbeiteten Konzepte für die vorliegenden Flächen vor und betrachten aufkommende Probleme sowie die Chancen der Waldentwicklung. Ebenso wurden neben ökologischen Aspekten auch ein besonderes Augenmerk auf die Kosten der Maßnahmen und damit in Bezug stehend auf die Forstförderung für Privatwaldbesitzer:innen gelegt. Wir konnten aufzeigen, dass selbst auf den jüngst kahlgefallenen Flächen ein hohes natürliches Potential der Naturverjüngung besteht, welches nur darauf wartet, genutzt zu werden. Natürlich wurde das Problem der Wildeinwirkung auf die Vegetation und anderer Schadfaktoren besprochen. Sowohl die Vertreter der Waldbesitzenden, der Jägerschaft und des Sachsenforstes sicherten sich gegenseitig ihre Kommunikationsbereitschaft und Unterstützung hinsichtlich bestehender Probleme zu. Es wurde erkannt, dass eine Wiederbewaldung nur erfolgreich sein kann, wenn alle Interessengruppen an einem Strang ziehen. Dies war sowohl für die Studierenden, als auch für die teilnehmenden Vertreter:innen der Forstverwaltung die erste Veranstaltung dieser Art. Die Waldbesitzer:innen waren dankbar, dass ihnen Ansätze aufgezeigt wurden, wie sie die Wiederbewaldung in Kooperation mit der Natur und mit den weiteren Akteuren gestalten können. Somit traten wir sehr positiv gestimmt die Heimreise an.

An dieser Stelle ist Annette Schmidt-Scharfe für die gelungene Organisation des Wochenendes, der fachkundigen Anleitung der Studierenden und der professionellen Moderation der Diskussion zu danken. Ebenso gilt der Dank Christian Schmidt und Sebastian Schiffel für die ebenso wertvolle und kompetente fachliche Anleitung. Das Wochenende hat uns viel Freude bereitet und uns hochkarätige Einblicke in die Praxis gewährt.

Exkursion in den Forstbetrieb Riedel

Am 07. August 2021 konnten wir im Rahmen einer Exkursion in den Forstbetrieb eines unserer Mitglieder, den Forstbetrieb Riedel bei Oberlichtenau (nahe Pulsnitz), Einblicke in die aktuelle Situation im kleineren Privatwald bekommen.Die Familie Riedel empfing uns in drei Generationen bestehend aus Herrn Riedel Senior, welcher 2001 den Waldbesitz von der Treuhand erwerben konnte, Johannes Riedel als aktuellen operativen Betriebsleiter und mit weiser Voraussicht dessen Tochter.

Vor gezeichnetem Wald gab es eine kurze Einführung in den 34 ha großen Betrieb an den nord-westlichen Ausläufern des Lausitzer Berglandes. Mit einer Höhenlage zwischen 275-250 m ü.NN. befindet sich der Waldbesitz in einer ausgeprägten Nassschneelage, von welchem junge Kiefern- und Laubholzbestände bereits in Form von Schneedruck punktuell gezeichnet waren. Brauner Semigley sorgt für durchweg gut nährstoffversorgte Böden in mittelfrischer bis trockener Ausprägung. Vor allem letztere ist laut der Waldbesitzer flächig vermehrt anzutreffen – fielen in den letzten drei Jahren doch nur maximal 60 % des langjährigen mittleren Jahresniederschlags von 710 mm. Das Schadholzgeschen zeigt sich mit ca. 4600 Fm im besagten Zeitraum entpsrechend unbarmherzig – teilweise mit nicht einmal kostendeckender Rückung. Nahezu alle Fichten über ein Alter von 30 sind verschwunden, sodass der Anteil an Blößen, unbestockten Flächen und einjährigen Kulturen nun rund ein Viertel der gesamten Betriebsfläche einnimmt!

Doch im Forstbetrieb Riedel versucht und versuchte man sich schon immer breit aufzustellen und Risikovorsorge zu betreiben, wie am ersten Weißtannen-Zaun ersichtlich wurde. Denn scheinbar vergessen mischt die Tanne doch natürlicherweise mehr im Hügelland mit als vermutet, sodass die Riedels hier im Privatwaldauf einen Eichen-Tannen-Buchenwald (Melampyro-Abieti-Fagetum) als natürliche Waldvegetation verwiesen konnten. Zur Frage der Kulturpflege bei üppiger Spontanvegetation blieb im Gedächtnis:

„Wir dürfen nicht in alte Muster der Kulturpflege zurückverfallen. Die Tanne braucht Windruhe, Schatten und Feuchte – sie muss von Mischbaumarten kleinflächig eingepackt werden. Es reicht regelmäßig den Kopf freizuknicken und die Brombeere runterzuziehen.“

Stephan Schusser

Leider müssen jegliche Kulturen gegattert werden, da angepasste Wildbestände vor Ort nicht vorhanden sind, weil die Waldbesitzer nicht das notwendige Jagdausübungsrecht innehaben. 

An einem potentiell schneebruchgefährdetem Buchen-Voranbau konnten anschließend niedrigere Pflanzzahlen in Kombination mit Astung sowie zeitigere Pflegeeingriffe zur Ausformung stabilerer Wuchsformen erörtert werden. Wäre da nur genug Arbeitskapazität vorhanden…

Neben dem Schadgeschehen offenbarten sich die typischen Probleme im Kleinprivatwald am folgenden pflegerückständigen Bergahorn-Bestand, der bisher maximal durch Selbstwerber etwas bewirtschaftet wurde. Anfallende schwache Paletten-, Industrie- und Brennholzsortimente erschienen für bisherige Einsätze noch nicht lohnenswert. Es braucht unbedingt weiterer Regionalisierungsbestrebungen im Holzverkauf und Absatz, um kleine Abnahmemengen wertschöpfend verkaufen zu können, da die lokale FBG arbeitstechnisch schon überlastet ist. Intensivierte staatliche Privatwaldbetreuungsreviere kamen zur Sprache. Ebenso besteht dringender Bedarf an regionalen Dienstleistern mit Kleingeräten, wie Traktor und Rückeanhänger, und an einem deutlich kleinflächigerem Jagdausübungsrecht, um dem Waldbesitzer selbstständiges Handeln auf der Fläche zu ermöglichen. Es folgte ein weiterer pflegebedürftier Lärchen-Buchen-Bestand, welcher von ähnlichen Lösungsideen profitieren würde.

Anschließend konnte auf einer ehemaligen Kyrill-Fläche und dem ältesten Voranbau erneut die Stabilität und das Wuchspotential der Weißtanne im Hügelland als Eindruck mitgenommen werden, wobei auf beiden Flächen Eichen gleichwüchsig in Mischung mit aufwuchsen.

Ein differenziertes Vorgehen der Familie Riedel konnte ebenso auf den frischen Blößen beobachtet werden: Von Berg-Ahorn-Pflanzungen, über Hybrid-Lärchen-Versuche und (als wurzelnackte Pflanzen förderfähige) Pappel-Steckhölzer zur Vorwaldbegründung war vieles zu finden. Hier nehmen wir uns die Idee kostengünstiger Raketenstäben als Tonkinstab-Alternative mit nach Hause.

Wir danken der Familie Riedel für den vielseitigen Betriebseinblick, welcher die chronischen Herausforderungen aber auch Freiheiten und kreativen Ansätze im Kleinprivatwald beleuchtete, und wünschen weiterhin maximale Schaffenskraft im Betrieb. Wir freuen uns auch, dass andere Privatwaldbesitzer zur Exkursion gefunden haben und hoffen, dass auch diese bereichert in ihren Wald zurückgehen konnten.